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Klimawandel und Gesundheit

Wir sprachen mit unserem Beratungsarzt Dr. Gerd Herold

Welche Folgen hat der Klimawandel für unsere Gesundheit? Welche Faktoren sind wichtig, wie wirken sie untereinander zusammen? Und wie können wir uns vor den Folgen schützen? Diese und weitere Fragen haben wir unserem Fachmann gestellt.

Dass das Wetter Einfluss auf unsere Gesundheit hat, weiß man seit Langem. Man spricht etwas verharmlosend von Wetterfühligkeit. Herr Dr. Herold, können Sie dieses Phänomen zum Einstieg kurz erläutern?

Das Wetter beeinflusst schon immer unser Befinden und die Gesundheit. Manche Menschen sind besonders wetterfühlig und klagen bei bestimmten Wetterlagen oder ‑veränderungen über Kreislaufbeschwerden, Müdigkeit oder Kopfschmerzen.

Unter Wetter verstehen wir das, was an Wettererscheinungen aktuell passiert, also Regen, Gewitter, Wind und Stürme, Nebel, Schneefall und anderes mehr. Klima meint, wie das Wetter über einen langen Zeitraum ist. Der Begriff Klimawandel beschreibt die Erderwärmung als Folge zunehmender Treibhausgase – es ändern sich die Temperaturen über einen längeren Zeitraum. Wir erleben die Folgen in den letzten Jahren mit Hitzeperioden, Unwettern, Überschwemmungen, Abschmelzen der Gletscher und Eismassen im Polargebiet und anderen Auswirkungen. Welche Folgen hat das für unsere Gesundheit?

Durch den Klimawandel mit erhöhten Temperaturen und stärkerer Belastung mit Feinstaub kommt es zu einem Anstieg von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es kommt zu Problemen mit der Trinkwasserversorgung und der Lebensmittelhygiene. In weiten Teilen der Welt treten lange Dürreperioden auf, mit Hungerkatastrophen der betroffenen Bevölkerung. Stärkere UV-Strahlung führt langfristig zu vermehrten Hautkrebsen. Nicht vergessen sollte man auch das massive Artensterben, dem vor allem viele Insekten zum Opfer fallen. Die aber sind unverzichtbar für die Bestäubung zahlreicher Nutzpflanzen – fallen die Insekten aus, drohen Nahrungsknappheit und in der Folge Mangelversorgung. Dürren mit Wassermangel verschärfen die Situation dann weiter. Überschwemmungen wiederum ziehen Verunreinigungen des Trinkwassers nach sich. All das hätte direkte Folgen für unsere Gesundheit. Es ist also eine sehr komplexe Lage …

… zu der dann auch noch die Bewegung gehört: Welchen Einfluss wird eine wärmer werdende Umwelt voraussichtlich auf den Freizeitsport haben? Jahrzehntelang haben wir alles dafür getan, dass die Menschen sich mehr bewegen. Gehen wir jetzt nicht Zeiten entgegen, in denen Bewegung vor allem im Freien ungesund sein könnte?

Bewegung im Freien wird auch weiterhin unverzichtbar für die Gesundheit bleiben – ein gut trainierter Körper kann allen externen Belastungen mehr entgegensetzen als ein untrainierter. Man sollte diese sportlichen Aktivitäten aber vermehrt am frühen Morgen, wenn es in der Regel noch kühler ist, oder später am Abend ausüben. Schwimmen geht auch an heißen Tagen. Natürlich kann man auch Indoor-Angebote in klimatisierten Räumen nutzen.

Bei Indoor-Aktivitäten wäre zumindest das Risiko verstärkter UV-Strahlung reduziert.

Ein weiterer wichtiger Punkt – die verstärkte UV-Strahlung wird, wie bereits angesprochen, zu mehr Krebserkrankungen der Haut und auch zu mehr Augenerkrankungen wie dem grauen Star führen. Da man sich nicht nur drinnen aufhalten kann, sind Vorsichtsmaßnahmen wie UV-Schutzbekleidung, Sonnenhut, Sonnenbrille und Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor zu empfehlen.

Noch einmal zum Draußensein: Führt der Klimawandel nicht auch dazu, dass mehr unbekannte Krankheitserreger sich hier verbreiten können?

Das ist leider richtig. Exotische Mückenarten wie die Asiatische Tigermücke, die Asiatische Buschmücke oder die Koreanische Buschmücke werden sehr wahrscheinlich langfristig in Deutschland heimisch werden. Sie übertragen in ihren ursprünglichen Lebensräumen Erreger wie Zika-, Chikungunya- oder Dengue-Viren. Sie und auch heimische Mückenarten können außerdem Erreger wie das West-Nil-Virus übertragen.

Was kann man gegen diese Plagegeister tun?

Mücken werden von unserem Geruch angelockt. Mückenabwehrmittel verändern diesen Geruch und bieten so Schutz. Der in Antimückensprays enthaltene Wirkstoff DEET gilt als der stärkste, kann aber Augen und Schleimhäute reizen. Mittel mit dem Wirkstoff Icaridin gelten als besser verträglich und fast genauso wirksam.

Welche Menschen wären von zunehmender Hitze besonders gefährdet?

Generell alle, die bereits an Erkrankungen leiden. Auch Kinder, Schwangere und ältere Menschen leiden oft stark unter Hitzeperioden, mit erhöhtem Sterblichkeitsrisiko. Darüber hinaus wird es aber alle, die in großen Städten und Ballungszentren leben, am stärksten treffen, weil sich hier sogenannte Hitzeinseln bilden können. Mit Blick auf die konkrete Wohnsituation sind schlecht isolierte oder nicht klimatisierte Dachwohnungen ungünstig. Klimaanlagen müssen jedoch gewartet und sollten – auch wegen des Energiebedarfs – umsichtig eingesetzt werden. Oft genügt es, sie an heißen Abenden für zwei oder drei Stunden einzuschalten. In der Nacht, wenn es kühler ist, öffnet man die Fenster und schaltet die Klimaanlage ab.

Nun werden nicht alle Menschen aufs Land oder auch nur in kühlere Wohnungen ziehen können.

Richtig, deswegen ist Information so wichtig: Ich muss wissen, welche Gefahren mir drohen können und was ich gegebenenfalls dagegen unternehmen kann. Also nach Möglichkeit für Abkühlung sorgen, indem ich eine heiße Wohnung für ein paar Stunden verlasse und schattige, etwas kühlere Orte aufsuche. Und natürlich viel trinken – die empfohlene Trinkmenge, die meist mit eineinhalb bis zwei Litern pro Tag angegeben wird, kann man an heißen Tagen ohne Weiteres auf drei Liter steigern. Bei anstrengender körperlicher Arbeit in der Hitze auch darüber hinaus. Natürlich stehen Wasser oder ungesüßte Tees dabei im Vordergrund.

Es scheint so, als könnte man auf eine stark veränderte Umwelt immer nur reagieren, also sich mehr oder minder dauerhaft in der Situation wiederfinden, dass man ständig Gefahren abwehren muss. Was macht das mit uns?

Wenn man seine Umwelt zunehmend und nur noch mit Argusaugen betrachtet oder gar als prinzipiell feindlich, hat das selbstverständlich Folgen für das Seelenleben. Es ist zu erwarten, dass Depressionen und Angststörungen zunehmen werden. Natürlich heißt das nicht, dass wir unsere Augen vor dem Klimawandel verschließen sollen. Wichtig wäre aber, die Probleme ruhig und besonnen anzupacken. Panik ist in allen Lebenslagen kontraproduktiv, ein kühler Kopf hingegen genau das Richtige.

Was raten Sie unseren Leserinnen und Lesern?

Ich rate zu einem rationalen Umgang mit den möglichen gesundheitlichen Folgen der Klimaerwärmung. Dazu gehören meines Erachtens kurz und bündig diese vier Aspekte: 1. Achten Sie vermehrt auf Ihre Gesundheit und überlegen Sie, wie Sie Ihre Grundfitness steigern können. 2. Nehmen Sie Risiken ernst, dramatisieren Sie sie aber nicht. Das bedeutet im Alltag zum Beispiel: Meiden Sie, wenn möglich, Aufenthalte in der Sonne zur heißesten Zeit und trinken Sie ausreichend. Das betrifft insbesondere auch Babys und Kleinkinder sowie ältere Menschen. 3. Sorgen Sie für ein grundsätzlich positives Verhältnis zu Ihrem Leben – lassen Sie die Alltagsfreuden nicht zu kurz kommen. Das schützt vor einer Überbewertung von Gefahren, die sonst selbst zu einem Risiko für die seelische Gesundheit werden könnte. 4. Wenn Sie gesundheitliche Defizite feststellen, suchen Sie zeitnah ärztlichen Rat. Das wären meine Empfehlungen. Ergänzen möchte ich noch eine persönliche Bitte mit Blick auch auf künftige Generationen: Leisten Sie, wo immer es Ihnen möglich ist, einen Beitrag zur Entlastung von Natur und Umwelt.

Ein herzliches Dankeschön für das interessante Gespräch!

Krank durch Hitze: So reagiert der Körper auf Hitzestress

Wenn der Klimawandel zusetzt: Schon der Frühling 2022 wurde als erheblich zu trocken eingestuft. Der erst kürzlich zu Ende gegangene Sommer war dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge einer der vier wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 – und dürfe bald zu den typischen Sommern zählen, schätzen die DWD-Fachleute. Etliche Menschen empfinden die einst „schönste Jahreszeit“ mittlerweile als Qual – Hitzestress macht ihnen zu schaffen. Doch was hat es mit diesem Leiden auf sich? Wir geben einen Überblick.

Was ist Hitzestress?

Nicht nur Menschen leiden unter Hitzestress. Tatsächlich beschreibt der Begriff dem Umweltbundesamt zufolge auch die hitzebedingte Belastung tierischer und pflanzlicher Organismen.

So wirke sich Hitzestress bei allen dreien negativ auf den Wasserhaushalt aus.

In der Landwirtschaft kann Hitzestress zu Ernte- und anderen Ertragsverlusten führen – bei Menschen und Tieren belastet er insbesondere das Herz-Kreislauf-System.

Hitzestress: Welche Symptome können auftreten?

Das Spektrum der Hitzestressbeschwerden, die laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auftreten können, ist umfangreich:

  1. Hitzeerschöpfung: Bei Hitze schwitzen viele Menschen stärker als sonst – der Körper versucht so, sich selbst zu kühlen. Der Nachteil: Durch das Schwitzen verlieren wir mehr Flüssigkeit, dies kann sich negativ auf die Blutmenge auswirken, die im Körper zirkuliert. Symptome der Hitzeerschöpfung sind niedriger Blutdruck mit gleichzeitig hohem Puls, schnelle, schwache Atmung, starker Durst bei zeitgleicher Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schwindel, Schwäche und Abgeschlagenheit. Betroffene sollten viel trinken und den Körper kühlen. Bei einer Körpertemperatur über 38 Grad Celsius, aber auch, wenn nach einer Stunde keine Besserung eintritt, sollte medizinische Hilfe gerufen werden.
  2. Hitzeödeme: Besonders zu Beginn der heißen Jahreszeit kann es zu Schwellungen an den Fußknöcheln kommen – die Ödeme entstehen, wenn sich in Blut- und Lymphgefäßen Flüssigkeit sammelt und durch den Überdruck im Gewebe verteilt. Die Ödeme verschwinden im Regelfall von allein wieder, sobald sich der Körper an die Hitze gewöhnt hat. Geschieht dies nicht oder nehmen die Schwellungen zu, ist ärztlicher Rat sinnvoll.
  1. Hitzeausschlag: Verdunstet Schweiß durch falsche Kleidung nicht ausreichend, kann er die Schweißdrüsen verstopfen. Als Folge können gerötete Knötchen oder Bläschen entstehen – diese Papeln jucken oder brennen häufig. Treten diese auf, wird empfohlen, kühlere Räume aufzusuchen, häufiger zu duschen und leichte Kleidung zu tragen. Betroffene Hautstellen sollten trocken gehalten werden, gegen Juckreiz helfen Zink- oder Kieselerdesalben.
  2. Hitzekrämpfe: Bei körperlicher Aktivität schwitzen wir – erst recht bei Hitze. Durch den Flüssigkeitsverlust büßen wir auch Elektrolyte wie Natrium oder Kalium ein. Dann kann es zu Muskelkrämpfen kommen. Ein Aufenthalt in kühleren Räumen und viel Flüssigkeitszufuhr kann Abhilfe schaffen.
  3. Hitzekollaps: Fällt der Blutdruck durch große Hitze rapide ab, wird das Gehirn weniger stark durchblutet als zuvor. Dies kann zu einer kurzen Ohnmacht führen. Weitere Symptome eines Hitzekollapses sind Durst, Wärme- und Schwächegefühl, Schwindel, Kopfschmerzen und Übelkeit, gerötete Haut und starkes Schwitzen, später Blässe und kalter Schweiß. Nach einem Anruf beim Rettungsdienst sollten Betroffene an einen kühleren Ort gebracht und mit Erste-Hilfe-Maßnahmen wie kühlen Umschlägen und genug Flüssigkeit versorgt werden.
  4. Hitzschlag: Gelingt es dem Körper nicht, sich selbst ausreichend zu kühlen, kann ein Hitzestau entstehen und dazu führen, dass die Körpertemperatur binnen Minuten auf mehr als 40 Grad Celsius steigt. Als Folge kann das Gehirn anschwellen, ein Hirnödem entsteht und löst einen Hitzschlag aus. Zu den Anzeichen zählen heiße, gerötete und trockene Haut, Übelkeit und Kopfschmerzen sowie Bewusstlosigkeit. Betroffene sollten ähnlich versorgt werden wie Hitzekollapsopfer.

Wie lebensbedrohlich ist Hitze für Menschen?

Bei trockener Hitze können Menschen dauerhaft Temperaturen von etwa 46 Grad Celsius aushalten – so das Ergebnis einer Studie der Universität Sydney. Doch ganz so pauschal gilt das nicht. So warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Nicht jeder Mensch reagiere gleich auf Hitze, entscheidend sei, inwieweit sich ein Körper an veränderte klimatische Bedingungen anpassen könne.

Dass ein Zuviel an Hitze für einige Risikogruppen lebensbedrohlich ausfallen kann, zeigte eine Untersuchung im Auftrag des Umweltbundesamtes: Die Auswertung statistischer Daten ergab, dass es 2018 deutschlandweit 8.700 hitzebedingte Todesfälle gab. Auch 2019 wurden etwa 6.900 Hitzetote registriert, ein Jahr später 3.700. Im Vergleich der vergangenen 30 Jahre registrierten die Forschenden dennoch einen „leichten Rückgang des Effekts von hohen Temperaturen auf die Mortalität“.

Trotzdem gibt es Risikogruppen, die sich in besonderem Maß vor Hitze schützen sollten:

  • Ältere ab 65 Jahren, besonders jedoch Alleinlebende, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind
  • Pflegebedürftige
  • akut erkrankte und vorerkrankte Menschen
  • Säuglinge und Kleinkinder
  • im Freien oder körperlich schwer Arbeitende
  • Wohnungslose
  • Menschen mit Suchterkrankungen

Als gesundheitlich problematisch sehen Fachleute die Kombination aus heißen Tagen und Tropennächten an – also Zeiten, in denen Menschen auch nachts nur wenig Abkühlung erfahren. Als Tropennacht gilt eine Nacht, deren niedrigste Temperatur 20 Grad Celsius nicht unterschreitet. In unseren Breiten sind davon häufig Menschen betroffen, die in dicht besiedelten Innenstädten leben. Dort wird die tagsüber aufgeladene Wärmestrahlung nachts nur in reduziertem Maß wieder abgegeben – die Temperaturen können bis zu zehn Grad Celsius höher liegen als am Stadtrand.

Was tun gegen Hitze? So mindern Sie das Hitzestressrisiko

Gegen den Klimawandel und die damit verbundenen Hitzewellen kann die Weltgesellschaft nur gemeinsam etwas tun. Aber jeder kann die Belastung während einer Hitzeperiode durch die Beherzigung einiger Tipps reduzieren:

  1. Den Tag planen: Körperliche Aktivitäten und Erledigungen möglichst in die Morgen- und Abendstunden legen, wenn es etwas kühler ist.
  2. Flüssigkeitsverluste ausgleichen: Ausreichend Wasser oder ungesüßten Tee trinken.
  3. Körper kühl halten: Atmungsaktive und luftige Kleidung tragen. Kühle Tücher auf der Stirn, den Unterarmen oder Unterschenkeln helfen, einen überhitzten Körper zu kühlen.
  4. Medikamentencheck: Manche Medikamente wirken sich negativ auf die Hitzeverträglichkeit aus, darunter einige Blutdrucksenker, Beruhigungsmittel, Antidepressiva und Neuroleptika. Lassen Sie sich vor der nächsten Hitzewelle in Ihrer Arztpraxis beraten, ob Ihre Arzneimittel bei Hitze ein Risiko darstellen und ob es Alternativen gibt. Wichtig: Setzen Sie verordnete Mittel nicht selbstständig ab!
  5. Hitze in Innenräumen minimieren: Lüften auf die Morgen- und Abendstunden verlegen. Tagsüber direkte Sonneneinstrahlung durch lichtdichte Markisen, Vorhänge oder Rollläden minimieren. Nachts kann das Trocknen von Wäsche oder das Aufhängen feuchter Handtücher Linderung bringen – so entsteht Verdunstungskälte. Zudem helfen eine gute Gebäudedämmung, Fenster mit Isolierverglasung, begrünte und hell gestrichene Fassaden, Wärme draußen zu halten.

Mehr Infos rund ums Thema Hitze und Gesundheit bietet die pronova BKK.

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