Elternsein: So schützt du dich vor Überforderung

Elternsein ist herausfordernd und oft fehlt die Anerkennung. Familienpsychologin Nina Grimm erklärt, wie sich das auf die psychische Gesundheit von Eltern auswirkt und was hilft, um nicht auszubrennen.

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Ein Paar liegt Kopf an Kopf im Bett
Elternsein ist herausfordernd und oft fehlt die Anerkennung. Familienpsychologin Nina Grimm erklärt, wie sich das auf die psychische Gesundheit von Eltern auswirkt und was hilft, um nicht auszubrennen.

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Foto Nina Grimm

Pronova BKK: Mehr als die Hälfte der Eltern fühlt sich in ihrer Rolle nicht ausreichend anerkannt. Warum ist das so?

Nina Grimm: Die mangelnde Wertschätzung spiegelt ein gesellschaftliches Muster wider: Elternschaft wird oft als selbstverständlich angesehen. Besonders die unbezahlte Care-Arbeit, die nach wie vor überwiegend von Müttern geleistet wird, bleibt gesellschaftlich und finanziell weitgehend unsichtbar.

Pronova BKK: Welche Folgen kann diese Unsichtbarkeit haben?

Nina Grimm: Ein reduzierter Selbstwert, das Gefühl der Überforderung und chronische Überlastung. Häufig mündet dieser Prozess in ein erhöhtes Risiko für Erschöpfungssymptome, Burn-out oder Depressionen.

Pronova BKK: Emotionale Erschöpfung betrifft vor allem Mütter. Woran erkennen Eltern, dass sie überlastet sind?

Nina Grimm: Erste Anzeichen sind anhaltende Gereiztheit, Rückzugsbedürfnis, Freudlosigkeit, Schlafprobleme oder ein Gefühl innerer Leere. Wenn Eltern merken, dass sie nur noch funktionieren und kaum noch in Kontakt mit sich oder ihrem Kind sind, ist es höchste Zeit, innezuhalten. Wenn Symptome wie Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit oder Grübeln über einen Zeitraum von 2 Wochen fast täglich auftreten, sollte eine vertiefende Diagnostik stattfinden, um eine psychische Erkrankung frühzeitig zu erkennen oder auszuschließen.

Pronova BKK: Was hilft vorbeugend?

Nina Grimm: Ein realistisches Erwartungsmanagement ist zentral. Nicht jeder Tag muss harmonisch, nicht jede Mahlzeit Bio sein. Pausen und Unterstützung sollten fest eingeplant werden – das ist keine Schwäche, sondern eine Ressource. Auch die Frage „Muss ich alles allein schaffen?“ hilft, den inneren Druck zu reduzieren. Viele Familien haben ein zu kleines Unterstützungsnetzwerk. Neben Partner*in und Kita braucht es weitere Bezugspersonen – Großeltern, Leihomas, Freund*innen oder Nachbar*innen, um als Kleinfamilie nicht kolossal abzusaufen. Auch der Austausch mit anderen Eltern entlastet und verbindet.

Pronova BKK: Und was hilft darüber hinaus?

Nina Grimm: Emotionale Selbstfürsorge. Was gibt mir Energie? Wie rede ich mit mir selbst in schwierigen Momenten? Mitgefühl mit sich selbst ist kein Luxus – es ist ein Schutzfaktor. Langfristig hilft es, alte Glaubenssätze wie „Ich darf mich erst ausruhen, wenn alles erledigt ist“ zu erkennen und zu ändern, bevor der Körper oder die Psyche das Stoppschild hochhalten.

Sind wir eigentlich gute Eltern?

In unserer Familienstudie 2025 sind sich die befragten Väter und Mütter einig: Die „idealen“ Eltern verbringen viel Zeit mit ihren Kindern, übernehmen Aufgaben im Haushalt, entscheiden Erziehungsfragen gemeinsam und sind Freund*in und Beschützer*in des Kindes.

Mütter und Väter würden sich selbst für die Erziehung im Durchschnitt die Note 2- geben.

Mütter stellen insgesamt höhere Anforderungen an sich als die Väter es tun – auch beim Thema Lebensunterhalt.

2/3 der Mütter wünschen sich oft oder manchmal eine Pause vom Alltag mit den Kindern.

Wunsch nach einer Pause:
65 % Mütter
52 % Väter

Gefühl, den Anforderungen als Eltern nicht gerecht zu werden:
58 % Mütter
41 % Väter

Jedes 6. Elternteil sieht für sich selbst ein hohes Eltern-Burn-out-Risiko.

57 % der Mütter und 47 % der Väter haben das Gefühl, dass ihre Rolle als Elternteil von anderen nicht ausreichend anerkannt wird.

Mütter sehen sich in nahezu allen Belangen deutlich mehr in der Pflicht als den Kindsvater.

Mütter vergeben für die Erziehungsleistung des Kindsvaters im Schnitt eine 3+.

Jeder 8. Vater bewertet die Erziehungsleistung der Mutter mit der Note 4 oder schlechter.

Knapp jedes 2. Elternteil der Gen Z zweifelt zumindest manchmal an ihrer bzw. seiner Eignung als Mutter bzw. Vater.

Info

Du willst mehr wissen?

Lies das ganze Interview und alle Studienergebnisse in unserer Familienstudie 2025.