Stigmatisierung: Wenn Bewertungen krank machen

Viele Menschen erleben Ausgrenzung, weil sie nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Oft geschieht das nicht bewusst, aber mit weitreichenden Folgen. Erfahre hier, was Stigmatisierung bedeutet, wie sie wirkt und was wir alle dagegen tun können.

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Viele Menschen erleben Ausgrenzung, weil sie nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen. Oft geschieht das nicht bewusst, aber mit weitreichenden Folgen. Erfahre hier, was Stigmatisierung bedeutet, wie sie wirkt und was wir alle dagegen tun können.

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Was bedeutet Stig­mati­sierung?

Der Begriff Stigma stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Zeichen oder Makel. Gemeint ist eine negative Zuschreibung, die einer Person aufgrund eines bestimmten Merkmals oder einer Eigenschaft anhängt  – z. B. aufgrund einer (psychischen) Erkrankung, einer sichtbaren oder unsichtbaren Behinderung oder einer bestimmten Lebenssituation wie Arbeitslosigkeit oder Armut. Die betroffene Person wird nicht für ihr Handeln bewertet, sondern für ein Merkmal, das außerhalb ihrer Kontrolle liegt und gesellschaftlich negativ wahrgenommen wird. Stigmatisierung bedeutet also: Menschen werden ausgegrenzt, auf einzelne Merkmale reduziert und teilweise sogar persönlich angegriffen – oft ohne dass man sie oder ihre Geschichte wirklich kennt.

Warum stigmatisieren wir?

Stigmatisierung passiert selten aus böser Absicht – aber fast immer unbewusst. Sie steht häufig in Verbindung mit Angst, Unsicherheit und mangelndem Wissen. Viele Menschen versuchen, ihre Umwelt zu sortieren und Komplexität zu reduzieren. Wer nicht in vertraute Kategorien passt, wird schnell ausgegrenzt. Hinzu kommt: Was wir nicht kennen oder verstehen, verunsichert uns. Gerade im Kontakt mit psychischen Erkrankungen oder sichtbaren Einschränkungen greifen wir dann auf Klischees zurück. Auch gesellschaftliche Normen spielen eine Rolle: Was nicht in das übliche Bild passt, wird schneller abgewertet. So entstehen Vorurteile, die sich über Jahre festsetzen und schwer wieder zu lösen sind.

Diese Arten von Stig­mati­sierung gibt es

Stigmatisierung kann ganz unterschiedlich aussehen und an vielen Stellen im Leben vorkommen – in gesellschaftlichen Strukturen ebenso wie im Alltag zwischen Menschen. Diese 4 Formen gibt es

Vorurteile und Klischees begegnen uns überall – in den Medien genauso wie im Alltag. Menschen mit Behinderung werden häufig auf ihre Diagnose oder ihr Aussehen reduziert. Wer psychisch erkrankt ist oder starkes Übergewicht hat, gilt schnell als wenig diszipliniert oder selbst verantwortlich für ihre oder seine Situation. Solche Bewertungen bleiben nicht folgenlos – etwa bei der Wohnungssuche oder im Berufsleben.

Manchmal ist es nicht eine einzelne Person, die benachteiligt – sondern ein ganzes System. Z. B., wenn chronische Erkrankungen im Job nicht berücksichtigt werden. Oder wenn in Schulen und Arztpraxen das nötige Wissen fehlt, um mit bestimmten Einschränkungen richtig umzugehen. Auch wer lange auf eine passende Behandlung warten muss, erlebt strukturelle Hürden – obwohl eigentlich Hilfe nötig wäre.

Manchmal sind es nicht böse gemeinte Blicke, Bemerkungen oder ein einfaches Abstand halten – und trotzdem: Etwas bleibt hängen. Menschen mit sichtbaren oder unsichtbaren Einschränkungen erleben im Alltag oft, dass sie ausgegrenzt oder nicht ernst genommen werden. Menschen aus ihrem Umfeld ziehen sich zurück. Vieles passiert unbewusst, ist aber trotzdem verletzend.

Wer immer wieder hört, nicht „dazuzugehören“, glaubt das irgendwann selbst. Viele Betroffene übernehmen die negativen Vorurteile, fühlen sich weniger wertvoll und zweifeln an sich. Das kann dazu führen, dass sie sich zurückziehen, sich schämen oder keine Hilfe mehr suchen. Die Stigmatisierung wirkt dann auch von innen.

Wie wirkt sich Stigmatisierung auf die Gesundheit aus?

Stigmatisierung belastet – seelisch und körperlich. Wer immer wieder abgewertet wird, spürt das irgendwann auch in sich selbst. Viele Betroffene meiden zunehmend die Öffentlichkeit und soziale Kontakte. Das kann weitreichende Folgen haben, u. a.

  • Das Selbstwertgefühl leidet
  • Stress, Angst und depressive Verstimmungen können zunehmen
  • Der Krankheitsverlauf kann sich verschlechtern – etwa bei chronischen oder psychischen Erkrankungen

Häufig passiert es, dass Menschen Vorurteile verinnerlichen. Wer sich selbst die Schuld an seiner Erkrankung gibt, vermeidet oft Hilfe und bleibt mit seinen Sorgen allein. Die Folge: Die Selbststigmatisierung wird zu einer zusätzlichen Belastung – wie eine 2. Krankheit.

Was hilft Betroffenen im Umgang mit einem Stigma?

Stigmatisierung lässt sich nicht immer vermeide  – aber es gibt Wege, besser mit ihr umzugehen. Entscheidend ist, dass Betroffene nicht allein bleiben. Der Austausch mit anderen, professionelle Hilfe und Wissen über die eigene Situation können entlasten und stärken.

Strategien, die sich bewährt haben, sind u. a.

  • Psychotherapie: Sie hilft, Selbstzweifel zu hinterfragen, mit belastenden Erfahrungen umzugehen und das Selbstwertgefühl zu stärken.
  • Aufklärung: Wer versteht, wie Stigmatisierung wirkt, kann besser gegensteuern – auch im eigenen Kopf.
  • Kontakt mit anderen Betroffenen: In Selbsthilfegruppen oder Onlineforen finden viele Rückhalt und Verständnis.
  • Rechtliche Beratung: Bei Ausgrenzung am Arbeitsplatz oder in der Schule kann Unterstützung durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes helfen.

Manche Betroffenen gehen bewusst offen mit ihrer Diagnose oder Einschränkung um und erleben, dass das Umfeld positiv reagiert. Andere wählen einen geschützten Rahmen. Beides ist okay. Wichtig ist: Niemand muss sich rechtfertigen. Aber es hilft, die eigenen Möglichkeiten zu kennen.

Das kannst du konkret tun, um Stig­mati­sierung zu vermeiden

Stigmatisierung beginnt oft im Kleinen – und genau da kannst du ansetzen. Mit einem offenen Blick, ehrlichem Interesse und sensibler Sprache. So kannst du etwas verändern

  • Hör zu – ohne vorschnell zu urteilen
    Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte. Wenn du aufmerksam zuhörst und offen bleibst, zeigst du Respekt und Interesse – und stärkst dein Gegenüber.
  • Achte auf deine Sprache
    Worte prägen unser Denken. Statt „Er ist schizophren“ benutze lieber die Formulierung „Er lebt mit einer Schizophrenie“. So stellst du den Menschen in den Mittelpunkt, nicht die Diagnose. Achte außerdem auf deine Wortwahl. Beschreibe bspw. Menschen mit Autismus nicht als nicht normal, sondern als neurodivergent.
  • Hinterfrage Vorurteile
    Frag dich ehrlich: Was weiß ich wirklich über diese Person? Woher kommt mein 1. Eindruck? So schaffst du Raum für neue Perspektiven.
  • Gib dein Wissen weiter
    Wenn du falsche Aussagen hörst, darfst du sie freundlich korrigieren. So hilfst du, Vorurteile abzubauen – ganz nebenbei.
  • Zeig Haltung
    Ein ruhiger Hinweis bei abwertenden Bemerkungen kann viel bewirken. Solidarität beginnt im Kleinen.

Mach den Unterschied

Stigmatisierung passiert oft nebenbei – durch Worte, Blicke oder Annahmen. Doch sie kann Menschen tief verletzen und krank machen. Auch wenn du selbst nicht betroffen bist: Dein Verhalten zählt. Denn auch wenn die Erkrankung oder die Einschränkung nicht sichtbar ist – der Bedarf an Unterstützung ist real. Je mehr Wissen und Verständnis es dafür gibt, desto leichter wird gesellschaftliche Teilhabe für alle möglich.

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